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Deutsche Experten testen neue Windtechnologien in Reallaboren
Forschung im Originalmaßstab: Bevor neue Windradtypen ans Netz gehen, sind umfangreiche Feldversuche nötig

Bereits seit Jahrhunderten beschäftigt sich der Mensch damit, wie er die Kraft des Windes für sich nutzen kann. Schon lange vor der Industrialisierung gab es die ersten Windmühlen, damals zum Getreidemahlen oder Wasserpumpen. Aus dieser Technik sind die Windkraftanlagen zur Stromproduktion, wie wir sie heute kennen, hervorgegangen. Die riesigen Windräder der aktuellen Generation mit einem Rotordurchmesser von mehr als 100 Metern und Leistungen von mehreren Megawatt sind das Ergebnis intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Um eine möglichst hohe Effizienz zu erreichen, tüfteln Hersteller oft jahrelang an einzelnen Komponenten. In Reallaboren in Deutschland werden aber nicht nur Anlagentypen weiterentwickelt. Ein neues Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) soll auch Wechselwirkungen zwischen Anlagen und intelligente Steuerungssysteme untersuchen. Mit den Erkenntnissen könnten sich ganze Windparks optimieren lassen.

Prototypen müssen vor der Zertifizierung viele Tests bestehen

Die windtest grevenbroich GmbH, die unlängst mit dem 25-jährigen Bestehen ein Jubiläum feierte testet bis heute in Nordrhein-Westfalen Prototypen auf Herz und Nieren. Auch RWE ist seit Beginn an der Gesellschaft beteiligt, um frühzeitig Erkenntnisse für die Windenergie-Technologie zu gewinnen. Auf dem Testfeld auf der Abraumhalde Frimmersdorfer Höhe im Rheinischen Revier können Hersteller neue Windkraftanlagen aufstellen und in unterschiedlichen Betriebszuständen auf ihre Funktion prüfen.

Testfeld in Grevenbroich

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Und nicht nur das: „Bevor ein Anlagentyp in Serie produziert wird, muss er zertifiziert werden. Um die Norm zu erfüllen, muss er eine ganze Reihe von Kriterien erfüllen. „Mit unserer umfangreichen Testinfrastruktur können wir zum Beispiel Leistung, Netzverträglichkeit, Beanspruchung oder Schallemissionen genau messen“, erklärt Frank Albers, Bereichsleiter bei windtest und verantwortlich für das Testfeld Grevenbroich. „Darüber hinaus sind natürlich auch weitere Messungen möglich. Wir können unter anderem messtechnisch nachweisen, wo noch Materialstärke reduziert werden kann oder wie sich Schwingungen reduzieren lassen.“ Auf Basis der Erkenntnisse aus dem Praxistest können Entwickler und Hersteller die Effizienz der Prototypen steigern und einen sicheren Betrieb gewährleisten. Dazu haben sie vorerst bis zu sieben Jahre lang Zeit – so lange kann ein Testplatz genutzt werden.

Weniger Schallemissionen dank smarter Steuerung und Zacken an Rotorblättern

Die Windenergie effizienter zu machen ist auch eines der Ziele der DLR-Forscher am Standort Krummendeich in Niedersachsen. Dort entsteht in Zusammenarbeit mit dem Forschungsverbund Windenergie (FVWE) gerade eine bisher einzigartige Plattform, um mit und an Windenergieanlagen im Originalmaßstab zu forschen. Neben zwei konventionellen Windrädern, die vom Fundament 20 Meter unter der Erdoberfläche bis zur Blattspitze in 150 Meter Höhe komplett mit Messinstrumenten ausgestattet sind, wird auch eine kleinere, modular aufgebaute Anlage zum gerade im Bau befindlichen Forschungspark Windenergie gehören. „Die Windkraftanlagen werden in Hauptwindrichtung hintereinander positioniert. Diese Nachlaufkonfiguration wäre für eine kommerzielle Nutzung nachteilig, ermöglicht es uns aber, eine Vielzahl interessanter Fragestellung zu untersuchen. So wollen wir wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die zum Beispiel bei der Weiterentwicklung von Regelungssystemen helfen“, erklärt Dr. Jakob Klassen, der beim DLR als Projektleiter für den Aufbau des Forschungswindparks zuständig ist. Mit insgesamt fünf bis zu 150 Meter hohen Masten voller Messtechnik werden die Forscher auch zwischen den Windrädern eine Vielzahl an Daten erheben.  Informationen wie Wettervorhersagen wollen sie ebenfalls auswerten.

Ein wichtiger Aspekt wird die Erforschung von Schallemissionen sein, denn diese beeinflussen maßgeblich die Akzeptanz der Technologie. Ein möglicher Ansatzpunkt sind optimierte Betriebsmodi von Windparks.  Dabei werden einzelne Anlagen eines Parks gezielt gedrosselt. Diese Anpassung würde zudem zur Lastoptimierung der Anlagen im Nachlauf führen und dadurch einen positiven Einfluss auf die Wartung haben sowie die Anlagenlebensdauer insgesamt erhöhen.

Das DLR-Vorhaben überschneidet sich in diesem Punkt mit der Arbeit von Frank Albers und seinem Team: „Seit dem Start im Jahr 1996 haben wir schon über 20 Anlagen getestet und waren an vielen innovativen Projekten beteiligt“, resümiert er. Dabei konnten die Experten anhand der Messungen zum Beispiel die Schallemissionen verbessern. Denn sie erproben nicht nur ganze Windenergieanlagen, sondern auch einzelne Komponenten: „Immer wieder kommen Zulieferer, Start-Ups oder Forschungseinrichtungen auf uns zu und fragen, ob sie neue Komponenten wie sogenannte Pitch- oder Yawmotoren, Blitzschutzsysteme, Brandschutzanlagen oder auch Öle und Schmiermittel an den bestehenden Anlagen testen können. In Absprache mit den Herstellern ist das in der Regel nach den Zertifizierungsmesskampagnen möglich.“ So konnten auch spezielle Hinterkantenmodule für die Rotorblätter einem Praxistest unterzogen werden und überzeugten: Es zeigte sich, dass gezackte Kanten die Lärmbelastung merklich senken können.

Experimente, die im Forschungswindpark Krummendeich ebenfalls möglich sein werden: Bei der modularen Windenergieanlage können viele Komponenten modifiziert und ausgetauscht werden. „Es handelt sich hierbei um eine Eigenentwicklung des DLR. Die Anlage ist wesentlich kleiner als die zwei Multimegawattanlagen. Das ist insbesondere bei Umrüstungskosten für experimentelle Modifikationen ein entscheidender Vorteil. Gleichzeitig ist die modulare Anlage mit einem Rotordurchmesser von 40 Metern ausreichend groß, um Ideen aus dem Windkanal unter realen Bedingungen zu validieren. Rotorblätter dieser Größe können wir selbst anfertigen und bis ins kleinste Detail modifizieren. Die Rotorblätter könnten zum Beispiel mit teilbaren Blattspitzen versehen werden, mit denen wir Anbauten an den Flügeln sehr einfach testen könnten“, beschreibt Klassen.

Technischer Fortschritt und Digitalisierung verändern die Forschung

Zurück im Rheinischen Revier: Weil sich die Dimensionen der Windtechnologie in schnellem Tempo weiterentwickeln, wird es inzwischen eng auf dem Testfeld im Rheinischen Revier. Während dort zu Beginn noch problemlos acht Windräder Platz fanden, ist heute bei maximal sechs Schluss. „Als wir angefangen haben, waren die Anlagen und damit auch die Rotordurchmesser noch deutlich kleiner als heute. Wir errichten hier bald einen Prototyp mit einer Leistung von 5,5 MW. Zum Vergleich: Die ersten lagen noch bei 600 Kilowatt“, sagt Albers.

Die wachsende Anlagengröße und die stärkere Abhängigkeit von Erneuerbaren Energien sind eine zusätzliche Herausforderung, denn wenn eine Anlage mit einer Leistung im MW-Bereich plötzlich ausfällt, kann das Auswirkungen auf das Stromnetz haben. Die Forscher des DLR planen deshalb, auch die Überwachungssysteme weiterzuentwickeln, um die Wartungs- und Instandsetzungsbedarfe zu optimieren. Sobald die Großforschungsanlage in den Regelforschungsbetrieb geht, also voraussichtlich Anfang 2023, werden auch Experten vom Institut für Flugsystemtechnik am DLR tätig. Mit ihrer Erfahrung im Bereich Steuerungs- und Regelungstechnik für die Luftfahrt sollen sie dazu beitragen, die Windparks der Zukunft smarter zu machen.

Mit Auswertungs-Tools und Simulationen lassen sich immer genauere Prognosen erstellen. Einige Messungen, die heute in Grevenbroich zum Standard gehören, werden so auf Dauer nicht mehr notwendig sein. Für Frank Albers ist das jedoch keineswegs ein Grund zur Sorge: „Erst kürzlich ist auf dem Testfeld ein Rotorblatt einer Versuchsanlage, das sich im Probebetrieb befand, abgebrochen. Und das, obwohl alle notwendigen Voruntersuchungen und Berechnungen die Stabilität bestätigt hatten. An diesem Beispiel sieht man, dass die Simulationen durch immer leistungsfähigere Computer auf dem Vormarsch sind, aber Feldtests aktuell noch nicht ersetzen können.“

Windkraftausbau in Deutschland

Beim Ausbau der Windenergie belegte Deutschland schon früh weltweit einen der vorderen Plätze. Seit 1991 wird die Technologie gesetzlich gefördert. 2003 war rund die die Hälfte der gesamten europäischen Kapazität in der Bundesrepublik installiert. Ende 2020 lag sie laut Statista mit knapp 63 Gigawatt (GW) installierter Leistung im globalen Vergleich auf Platz drei hinter China und den USA. Und auch die Forschung hat einen wichtigen Stellenwert. So wurde bereits in den 1980er-Jahren die Versuchsanlage „Growian“ (Große Windenergie-Anlage) in Schleswig-Holstein errichtet. Mit ihrem Rotordurchmesser von 100,4 Metern und der Nennleistung von drei Megawatt (MW) war sie damals die größte der Welt.

Bildnachweise: © RWE AG

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