Irland hat ein enormes Erneuerbaren-Potenzial, besonders im Bereich der Windkraft.
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Irlands Energiewende: Viel Wind ist nur die halbe Miete
Erneuerbare haben auf der grünen Insel riesiges Potenzial. Doch das Stromnetz macht die Integration kompliziert.

Die „Grüne Insel“ ist bekannt für alte Burgen, saftige Weiden und raues Wetter. Letzteres beschert Irland ein immenses Potenzial an außerordentlich zuverlässiger Windkraft. Und tatsächlich ist sie die größte Quelle Erneuerbarer Energie: 2020  bezog die Republik Irland 36 Prozent ihres Stroms aus Windrädern. Der Ausbau der Windkraft gehöre sicher zu den größten Errungenschaften der irischen Energiewende, sagt Brian Ó Gallachóir, Leiter des Energie-, Klima- und Meeresforschungszentrums MaREI am University College Cork. „Aber wir müssen den Ausbau weiter beschleunigen, um die Emissionsziele zu erreichen.“

Ambitionierte Emissionsziele im Gesetz verankert

Im Juli 2021 hatte die irische Regierung ein Gesetz unterzeichnet, das die Emissionsziele der Republik festlegt: Bis 2030 muss das Land nun seine Treibhausgasemissionen um 51 Prozent reduzieren – verglichen mit dem Basisjahr 2018. Bis 2050 soll es vollkommen CO2 -neutral werden.

Das Gesetz verpflichtet die Regierung dazu, den betreffenden Sektoren entsprechende Kohlendioxid-Budgets einzuräumen. Wann genau Energie, Verkehr und Landwirtschaft ihre Emissionen wie stark senken müssen, soll im jährlich zu aktualisierenden Climate Action Plan festgelegt werden. Wie das im Einzelnen geschehen soll, regeln dann wiederum die zuständigen Minister.

20 Prozent weniger Konventionelle bis 2025

Klar ist bereits, dass auch in Irland – wie in vielen anderen europäischen Ländern – der Stromsektor vorangehen wird: Im Jahr 2030 sollen laut Gesetz zwischen 70 und 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen kommen. Bis zur Mitte des Jahrzehnts sollen mehr als 20 Prozent der konventionellen Erzeugungsleistung vom Netz gehen.

Derzeit sind laut EirGrid, dem Betreiber des gemeinsamen Übertragungsnetzes der Republik Irland und Nordirlands (Vereinigtes Königreich) auf der Insel Öl-, Kohle-, Gas- und Torfkraftwerke mit einer Gesamtleistung von knapp zehn Gigawatt (GW) verfügbar, 7,5 GW davon in der Republik. Und auch die britische Regierung verfolgt ambitionierte Emissionsziele. In seinem jüngsten „Generation Capacity Statement“ (GCS) rechnet EirGrid damit, dass bis zur Mitte des Jahrzehnts konventionelle Leistung in Höhe von etwa 1,5 GW in Irland und knapp 0,6 GW in Nordirland stillgelegt werden.

Irischer Übertragungsnetzbetreiber warnt vor Engpässen

Dies könnte die Insel allerdings vor ein Versorgungsproblem stellen, warnt EirGrid im aktuellen GCS. Die Elektrifizierung von Wärme- und Transportsektor sowie neue Rechenzentren und andere Großverbraucher würden den Stromverbrauch im Zeitraum 2022 bis 2031 um 37 Prozent steigern.

Dem stünden neben den geplanten Stilllegungen auch ein stockender Ausbau neuer abrufbarer Erzeugungsanlagen entgegen, sagte EirGrid-CEO Mark Foley bei der Veröffentlichung des Reports Anfang Oktober: „Die Zahl der Systemwarnungen wird steigen.“ Um Engpässe zu vermeiden, steht deshalb bereits eine Laufzeitverlängerung für bis zu 1,2 GW konventioneller Leistung im Raum.

Die Zeichen stehen auf Wind

Das Potenzial für Erneuerbare Energien auf und um Irland ist enorm. „Geografisch können wir uns glücklich schätzen mit unseren hohen, beneidenswerten Windgeschwindigkeiten“, sagt Energieexperte Ó Gallachóir. „Als Insel haben wir zudem auch immenses Potenzial zur Nutzung von Meeresenergie.“ Die Windkraft allein könnte die Republik Irland in den nächsten Jahren zu einem Netto-Exporteur von Strom machen.

Während die Meereskraft in den Plänen der Republik Irland bisher überhaupt keine Rolle spielt, sind die Ziele bei der Windkraft gesetzt: An Land soll die Kapazität bis 2030 von 5,8 GW auf 8,2 GW wachsen. In den Küstengewässern – insbesondere vor der Ostküste – sollen im selben Zeitraum Windparks mit mehr als 5 GW Kapazität gebaut werden. Einer davon ist die Dublin Array mit bis zu 900 Megawatt (MW), an der RWE mit 50 Prozent beteiligt ist. Die Kapazität der bestehenden Offshore-Windkraftanlagen ist bisher kaum der Rede wert.

Ausbau von Speicherkapazität

Mittelfristig dürfte Windkraft also eine dominante Rolle in der irischen Stromversorgung spielen. Doch, auch wenn der Wind zwischen Atlantik und Nordsee eine zuverlässigere Energiequelle ist als an den meisten Standorten in Europa, bringt sie mindestens zwei Probleme mit sich.

Zum einen bleibt Windkraft ein Stromlieferant, der in erster Linie nach Wetterlage und nicht nach Bedarf Strom produzieren kann. Um Erzeugungsengpässe kompensieren und Überproduktion exportieren zu können, ist Irland seit mehreren Jahren mit dem britischen Stromnetz über zwei Gleichstrom-Interkonnektoren mit einer Übertragungsleistung von jeweils 500 MW verbunden.

2026 soll mit dem Celtic Interconnector zwischen Irland und der Bretagne ein weiteres Unterseekabel in Betrieb gehen, über das Irland bis zu 700 MW mit dem kontinentaleuropäischen Übertragungsnetz austauschen kann. Zudem will Irland bis 2030 Batteriespeicher mit einer Kapazität von 1,65 GW aufbauen, um kurzfristigere Engpässe überbrücken zu können. Den bisher größten Speicher des Landes mit 60 MW betreibt RWE in Lisdrumdoagh nahe der Grenze zu Nordirland.

Kleines Netz, große Herausforderung

Das zweite Problem ist, dass Windkraftanlagen – Stand heute – keine Momentanreserve bereitstellen können. Das bedeutet: Sie können plötzlich auftretende Schwankungen der Netzspannung nur bedingt ausgleichen. Für Energieforscher Ó Gallachóir ist deshalb schon der bisherige Windkraftausbau eine beachtliche Leistung: „Netzseitig war es eine große Herausforderung, so große Mengen Windkraft in ein so kleines Netz zu integrieren, weil wir nicht den Puffer eines großen Netzes haben.“

Je kleiner nämlich ein Übertragungsnetz, desto geringer ist seine Toleranz gegen Großereignisse, die Stromproduktion und -verbrauch unvorhergesehen stark aus der Balance bringen. Dies könnte etwa ein Defekt in einem Umspannwerk sein. Weder Windparks, noch Solaranlagen oder Batteriespeicher können solche Spannungsschwankungen bisher  in Echtzeit ausgleichen. Auch die Gleichstrom-Interkonnektoren können hier nicht weiterhelfen.

Bisher kommt die Momentanreserve in allen größeren Übertragungsnetzen maßgeblich aus der rotierenden Masse der Synchrongeneratoren in konventionellen Kraftwerken oder – in geringerem Maße – in Wasserkraftturbinen. „Wir haben diese Herausforderung als Gelegenheit genutzt, um innovative Lösungen in unser Stromsystem zu integrieren“, meint Ó Gallachóir. So hat Irland in diesem Sommer seine Momentanreserve-Kapazität erhöht, indem es das größte Schwungrad der Welt als rotierende Masse an sein Übertragungsnetz angeschlossen hat.

Behörde sieht dringenden Handlungsbedarf

Laut EirGrid hat sich die Situation seit dem letzten GCS vor einem Jahr dennoch verschärft – unter anderem, weil Investoren sich aus bereits konzessionierten Projekten zurückgezogen hätten, heißt es in dem Report.

Um die Stromversorgung auf sichere Füße zu stellen, hat die zuständige Regulierungsbehörde „Commission for the Regulation of Utilities“ grenzübergreifende Maßnahmen vorgeschlagen. Neben der genannten Laufzeitverlängerung gehören dazu eine Reserve-Kapazität von 700 MW und die Ausschreibung von einer Kapazität von zwei GW für flexible Gaskraftwerke. Außerdem sollen Auktionen stattfinden, auf denen Großverbraucher sich verpflichten bei Bedarf ihre Last zu reduzieren. Energieexperte Ó Gallachóir hat noch einen Vorschlag: „Wir müssen den Verbrauch reduzieren und die Effizienz zügig erhöhen.“

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