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So will Malmö nachhaltig heizen
Ein schwedisches Projekt nutzt die Wärme aus einem Klärwerk und einer Müllverbrennungsanlage für die Versorgung von 10.000 Haushalten

Schweden gilt als Musterschüler in der Energiewende. Der Anteil Erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch lag 2020 bei knapp 55 Prozent – EU-weit lag der Wert zuletzt unter 20 Prozent. Und bereits 2045 will das skandinavische Land klimaneutral sein, fünf Jahre früher als die Europäische Union. Die Stadt Malmö in Südschweden hat sogar noch ehrgeizigere Ziele: Schon 2030 soll die gesamte Metropole CO2-neutral sein. Um das zu erreichen, sind innovative Lösungen gefragt, mit denen fossile durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden und Energie insgesamt effizient genutzt wird. Das betrifft auch die Wärmeversorgung der 300.000 Einwohner. Dazu soll in einem Pilotprojekt die Wärmeenergie eines Klärwerks und einer Müllverbrennungsanlage genutzt, über Wärmepumpen ergänzt und ins Fernwärmenetz eingespeist werden. Die Wärmepumpen werden komplett mit Strom aus Erneuerbaren betrieben.

Das Konzept ist an sich nicht neu: Schon seit Jahrzehnten wird mit der Abwärme, die in Kraftwerken und bei industriellen Prozessen entsteht, Wasser erhitzt. Über Rohre gelangt es dann zum Beispiel in Wohnhäuser, wo es zum Heizen und als Warmwasser genutzt wird. Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung in Kohle- oder Erdgaskraftwerken. Diese produzieren dann nicht nur Strom, sondern machen auch die Wärme nutzbar, die bei der Verbrennung freigesetzt wird. Das ist energieeffizient und spart Treibhausgasemissionen ein, die etwa durch Öl- und Gasheizungen entstehen würden. Mit Blick auf die Klimaziele werden die Netze deshalb gerade in vielen Ländern ausgebaut. Da Fernwärme allerdings immer noch oft aus fossilen Quellen stammt, wird bei der Erzeugung CO2 ausgestoßen.

Wärmepumpen machen Restwärme im Abwasser nutzbar

Bei dem Projekt aus Malmö hingegen ist die eingesetzte Energie für die Fernwärme größtenteils regenerativ – oder sie wird besonders effizient eingesetzt. Dazu verwendet das beteiligte Energieunternehmen in einem ersten Schritt recyceltes Abwasser aus einer Kläranlage im Hafen der Stadt. Das ist mit 14 Grad Celsius noch recht warm – deutlich wärmer als das Grund- oder Meerwasser der Küstenstadt – zum Heizen jedoch zu kalt. Um es zu erhitzen, nutzt das Unternehmen daher die Abwärme aus der städtischen Abfallverbrennungsanlage. Die Verbrennung der organischen Bestandteile von Müll gilt als CO2-neutral. Denn rein rechnerisch gelangen dadurch nur so viele Treibhausgase in die Atmosphäre, wie dieser zuvor von den Pflanzen entzogen wurden.

Danach kommen vier Wärmepumpen des Technologieunternehmens GEA mit einer Leistung von jeweils zehn Megawatt (MW) zum Einsatz, die komplett mit Strom aus Erneuerbaren betrieben werden. Sie verfügen über einen geschlossenen Kreislauf: Die Wärme erhitzt über einen Wärmetauscher ein Kältemittel. Dieses gibt dann über einen weiteren Wärmtauscher Wärme an das Wasser ab, das als Heizmedium fungiert. In vielen Wärmepumpen werden sogenannte flourierte Gase als Kältemittel eingesetzt. Diese verstärken jedoch den Treibhausgaseffekt. Um das zu vermeiden, setzt das Projekt daher auf natürliche Kältemittel wie Kohlenwasserstoffe oder Ammoniak. Laut GEA ist es damit Pionier in Schweden. Das System ist für Temperaturen von bis zu 80 Grad Celsius ausgelegt. Laut GEA wird aber wohl selbst im tiefsten schwedischen Winter kaum Heizwasser benötigt, das wärmer als 71 Grad ist.

Insgesamt kann die 40-MW-Pilotanlage 10.000 Haushalte versorgen. Kenneth Hoffman, Product Manager Heat Pumps bei GEA, erklärt: „Die Wärmepumpen arbeiten parallel, um die versprochenen Temperaturen zu liefern. Jede hat eine Leistungszahl von über 3,5, sodass pro Kilowattstunde Strom, die die Wärmepumpe verbraucht, 3,5 Kilowattstunden Wärme für die Stadt erzeugt werden.“ Ab einer Leistungszahl von drei gelten Wärmepumpen als effizient. Die Pilotanlage in Malmö arbeitet aber nicht nur wirtschaftlich: Durch die Kombination der verschiedenen Technologien sowie die Nutzung von Strom aus Erneuerbaren, können so jährlich circa 50.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Nachhaltige Fernwärme auch aus Biomasse

Das Projekt ist nicht das einzige Beispiel dafür, wie sich die Fernwärmeversorgung noch klimafreundlicher gestaltet lässt. In anderen Ansätzen wird unter anderem auf Biomasse als Energiequelle gesetzt.

Das Prinzip verfolgt zum Beispiel der Energiekonzern RWE in Schottland: Der Konzern besitzt und betreibt ein hochmodernes 55-MW-Biomasse-Heizkraftwerk in der Nähe der Hauptstadt Edinburgh. Im April 2019 ging es ans Netz. Der in der Anlage verwendete Brennstoff besteht zu etwa 90 Prozent aus wiederverwerteten Holzabfällen, der Rest ist Frischholz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Holz gilt als CO2-neutral, da bei der Verbrennung nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie die Bäume zuvor aufgenommen haben. RWE hat in Zusammenarbeit mit der schottischen Regierung und dem Fife Council das Glenrothes Energy Network entwickelt, das im März 2019 offiziell eröffnet wurde.  Das Biomasse-Heizkraftwerk Markinch versorgt das Fernwärmesystem – Glenrothes Energy Network – über ein errichtetes Energiezentrum mit 100 Prozent erneuerbarer Wärme.

Glenrothes Energy Network (auf Englisch)

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Auch im Kraftwerk Amer im niederländischen Geertruidenberg verfolgt RWE ein ähnliches Konzept. Der Standort ist zurzeit noch ein Hybridkraftwerks: Die Anlage läuft aktuell zu 80 Prozent mit Holzpellets aus mehreren nachhaltigen Restholzquellen. 20 Prozent der Strom- und Wärmeerzeugung geht noch auf die Verbrennung von Kohle zurück. Bis zum Jahr 2025 soll sie komplett auf den regenerativen Brennstoff umgestellt werden. Insgesamt hat der Kraftwerkskomplex eine Kapazität von 600 MW für Strom und 350 MW Wärme.

Die EU befasst sich ebenfalls mit nachhaltigen Strategien für die Wärme- und Kälteversorgung. So gehört etwa zum EU-Rahmenprogramm „Horizont 2020“ für Forschung und Innovation auch das Projekt „Renewable Energy Sources in the District Heating and Cooling“ (RES-DHC). Forschungsinstitute und Vertreter von Städten, Gemeinden und Regionen aus acht Ländern haben sich unter dem Förderschirm mit dem Ziel zusammengeschlossen, den Anteil Erneuerbarer Energien für Fernwärme und -kältesysteme zu steigern.

 

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