Etwa zehn Kilometer vor der norwegischen Westküste testet RWE zusammen mit den Projektpartnern Shell, TEPCO und Stiesdal Offshore Technologies seit etwas mehr als einem Jahr die erste große Pilotanlage für ein vollständig industriell gefertigtes schwimmendes Fundament für Windkraftanlagen im Meer.
Der TetraSpar-Demonstrator mit einer installierten Leistung von 3,6 Megawatt (MW) wurde im Sommer 2021 von den Projektpartnern gebaut und im Marine Energy Test Centre (Metcentre) vor der Küste von Karmøy in Norwegen in einer Wassertiefe von 200 Metern verankert. Seit November 2021 liefert die Anlage Strom ins norwegische Netz.
Ziel des Projektes ist es, das neuartige modulare Fundament für schwimmende Windkraftanlagen zu testen sowie Daten zu Verhalten und Leistung zu erheben, um dem System den Weg zur Marktreife zu ebnen.
„Floating Wind“, also die Gewinnung von Strom durch schwimmende Windkraftanlagen, wird für die Energiebranche immer wichtiger. Festverankerte Windräder können in der Regel nur in Wassertiefen bis zu 70 Metern wirtschaftlich betrieben werden. Floating Wind eröffnet die Möglichkeit, die konstanten Winde auf offener See auch in tieferen Gewässern zur Erzeugung erneuerbaren Stroms zu nutzen. Besonders relevant ist das für Regionen mit steil abfallenden Küsten.
Die TetraSpar-Pilotanlage liefert seit einem Jahr wichtige Informationen und Daten. Die Erfahrungen zeigen laut den Betreibern, dass sich die Floating-Wind-Technologie im Allgemeinen bereits auf dem besten Weg zur globalen Marktreife befindet. Noch seien allerdings die Investitions- und damit die Stromgestehungskosten (LCOE) zu hoch, erklärt Stuart Quinton-Tulloch, Senior Project Manager bei RWE Renewables.
„Die ersten Projekte werden noch viel Geld kosten, aber in den nächsten zehn Jahren, wenn wir mehr Erfahrung und Wissen aufgebaut haben, werden auch die Kosten stark sinken. Aus technischer Sicht wissen wir bereits, dass schwimmende Windkraftanlagen funktionieren. Jetzt müssen wir herausfinden, wie wir sie in größerem Maßstab realisieren können.“ Genau hier liegt die Stärke des modularen Aufbaus des TetraSpar-Konzepts.
Wie üblich steht der Turm mit der Windturbine auf einer Schwimmkörper-Konstruktion aus Stahlrohren, dem sogenannten Fundament. Namensgebend für das TetraSpar-Konzept ist die Tragstruktur in Form eines Tetraeders mit darunter hängendem Kiel. Das Besondere daran: Der Aufbau ist modular. „Das Konzept funktioniert nach der IKEA-Bausatz-Idee!“, erklärt Quinton-Tulloch.
„Dank der vorgefertigten Sektionen und Bolzenverbindungen ist der Produktionsprozess hochautomatisiert und die Endmontage im Hafen schnell erfolgt“, so der Projektmanager. Ein Schlepper bringe die fertige Turbine anschließend an seinen Einsatzort, wo sie im Meeresboden verankert wird. Der modulare Aufbau ermöglicht eine industrielle Massenproduktion, wodurch nicht nur die Kosten der Produktion, sondern auch der Installation erheblich sinken.
Die technische Weiterentwicklung von Floating Wind wird in verschiedenen Projekten weltweit vorangetrieben. TetraSpar ist nur eines davon. „Es gibt weltweit mehr als fünfzig Fundamentkonzepte, die momentan in Entwicklung sind“, weiß Quinton-Tulloch. „Jedes dieser Konzepte hat seine eigenen einzigartigen Merkmale, die in Hinblick auf das zukünftige Potenzial getestet werden müssen.“
Als einer der weltgrößten Offshore-Windkraft-Entwickler entwickelt RWE auch einen weiteren Demonstrator – DemoSATH. Dieser hat eine katamaranähnliche Struktur, die aus vorgefertigten Modulen zusammengesetzt wird und 2023 vor der nordspanischen Küste eingesetzt werden soll.