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Strom, der neue Brennstoff
Wie elektrisch erzeugte Treibstoffe Verkehr und Wärmemarkt befeuern könnten

Um die globale Erwärmung zu begrenzen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen weltweit massiv reduziert werden. Dafür ist ein radikaler Umbau in allen Wirtschaftsbereichen notwendig. Als eine wichtige Lösung gelten Power-to-X-Technologien: Strom aus Erneuerbaren Energien wird in Wasserstoff, Methan oder flüssige Brennstoffe umgewandelt, die klimaneutral Fahrzeuge antreiben. Und auch in der Wärmeversorgung kann diese grüne Elektrizität fossile Energieträger ersetzen. Wirkungsweise und Potentiale der Technologien werden in der Serie vorgestellt. Los geht es mit einer Übersicht.

Die Deutschen haben weiterhin Benzin im Blut: Immer mehr Autos fahren auf hiesigen Straßen – über 46 Millionen waren es im vergangenen Jahr. Während der Anteil von spritfressenden SUVs und Vans an der PKW-Flotte wächst, bleibt der von E- oder Hybrid-Modellen verschwindend gering. Und auch der LKW-Verkehr nimmt zu – nicht zuletzt da immer mehr im Internet bestellt wird.

Weil der Verkehr hochgradig von Benzin, Schweröl oder Kerosin abhängig ist (und es aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch lange sein dürfte), wird vielerorts nach klimaverträglichen Alternativen gesucht. Ein Ansatz: Strom durch chemische Verfahren in Gase oder flüssige Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, umwandeln. Diese treiben dann Autos, LKW oder Containerschiffe an. Nicht nur im Verkehr, auch in der Wärmeversorgung oder in der Industrie könnte Elektrizität so fossile Brennstoffe ersetzen. Unter Power-to-X werden alle jene Verfahren zusammengefasst, bei denen Strom (englisch: Power) in andere Energieträger (X) umgewandelt wird.

Gerade der Verkehr hinkt bei der Energiewende hinterher

Innovationen sind notwendig, da die Energiewende bisher vor allem eine Stromwende ist. Während der Ökostrom-Anteil (aktuell rund 38 Prozent) seit Jahren wächst, spielen Erneuerbare Energien in anderen Sektoren praktisch so gut wie keine Rolle. Im Verkehrsbereich stagniert der Anteil am Energieverbrauch seit Jahren bei rund fünf Prozent, in der Wärmeversorgung fiel er sogar zuletzt wieder auf gut 13 Prozent. Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, müssen diese Sektoren unbedingt aufholen. Laut dem Klimaschutzplan der Bundesregierung sollen beim Verkehr bis zum Jahr 2030 rund 40 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 eingespart werden – tatsächlich sind die Emissionen sogar gestiegen.

Da ist es nicht überraschend, dass die Beratungsfirma Frontier Economics in einem Bericht im Auftrag des Energieversorgers Innogy dringenden Handlungsbedarf anmahnt: „Die Langfristziele für das Jahr 2050 erfordern, dass die Sektoren Energie, Verkehr und Gebäude nahezu klimaneutral werden“, heißt es in der Studie. „Es bedarf also neben einer Energiewende im Stromsektor zukünftig mindestens auch einer Verkehrs- und einer Wärmewende.“

Gas, Benzin und Wärme aus Strom

Hier wiederum soll die Energiebranche helfen: Überschüssiger Strom aus regenerativen Energien wird in den Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie eingesetzt, die allesamt derzeit noch von fossilen Energieträgern dominiert werden. Die klimaneutrale Elektrizität senkt nicht nur die Emission in den genannten Bereichen. Gleichzeitig bietet der Einsatz auch Vorteile für die Strombranche. Die zunehmend volatile und dezentral erzeugte Energie kann in größerem Maßstab gespeichert und in vielfältiger Weise nachgefragt werden.

So kann Strom aus Erneuerbaren im Verkehr- und Wärmesektor genutzt werden

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Stichwort Sektorenkopplung: Kaum eine Energiekonferenz kommt mittlerweile ohne dieses Schlagwort aus. Eine wachsende Zahl von Studien untersucht Potenziale und Vorteile.

Bei der Sektorenkopplung wird unterschieden zwischen einer unmittelbaren und mittelbaren Elektrifizierung. Im ersten Fall wird der Strom direkt eingesetzt, in dem er beispielsweise E-Autos oder Wärmepumpen antreibt. Bisher ist die Verbreitung strombasierter Anwendungen im Wärme- und Verkehrsbereich allerdings sehr begrenzt. Daher wird verstärkt nach Verfahren geforscht, in denen der Strom zunächst in andere Energieträger umgewandelt und dann später genutzt wird. Das können flüssige oder gasförmige Brennstoffe, Wärme, Kälte oder Chemikalien sein. Im Rahmen der Serie werden wir folgende Technologien der Sektorenkopplung vorstellen: Power-to-Gas, Power-to-Liquid, Power-to-Heat.

Die Bandbreite der darunterfallenden technischen Verfahren ist riesengroß. Manche sind seit langem bekannt und erprobt wie die Umwandlung von Strom in Wasserstoff durch Elektrolyse. Andere befinden sich noch in unterschiedlichen Versuchsstadien. Gemeinsam ist ihnen: Jede Form der Sektorenkopplung benötigt Energiespeicher – seien es Tanks für Kraftstoffe, Gaskavernen oder Wärmespeicher – und mehrere Infrastrukturen.

Synthetische Kraftstoffe für Schiffe oder Flugzeuge

Power-to-X ermögliche die Dekarbonisierung in allen Sektoren, urteilt der Ingenieur Michael Sterner in einem Gutachten. Der Professor für Energiespeicher und Energiewirtschaft an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg berät zahlreiche Gremien und gilt als einer der Mitbegründer der Power-to-X-Technologie.

Das Konzept, wirbt Sterner, biete vielfältige Möglichkeiten, Wind- und Solarenergie in Energieträger umzuwandeln, die größtenteils in der bestehenden Infrastruktur gespeichert, transportiert und genutzt werden könnten. Als Beispiele nennt er Gas, Wärme, Mineralöl. Der Versorgungssicherheit in Deutschland täte das laut Sterner gut, weil die Energieversorgung damit insgesamt robuster und widerstandsfähiger werde.

Ähnlich sieht es die Studie „Entwicklung eines integrierten Energiesystems“ der Wissenschaftsakademien Leopoldina, Acatech und Akademienunion, an der rund hundert Fachleute mitgearbeitet haben. Die Wissenschaftsakademien bescheinigen E-Fuels, also synthetischen Brenn- und Kraftstoffen, eine wachsende Bedeutung für die Energieversorgung: „Sie sind gut speicherbar und können zum Beispiel im Schiff- und Flugverkehr verwendet werden, wo rein elektrische Lösungen nur schwer oder gar nicht umsetzbar sind.“

Großes Potenzial, noch wenig marktfähig

Angesichts des Ausbaus der Erneuerbaren Energien sehen viele Studien großes Potenzial für Power-to-X. Momentan existieren allerdings – von wenigen Ausnahmen abgesehen – kaum marktfähige Anwendungen. Das Problem: Die erforderlichen Technologien stünden „noch in den Anfangsstadien der Entwicklung“, schreiben die Autoren von Frontier Economics. Noch sind die Wirkungsgrade zu niedrig und die Investitionskosten zu hoch. Allerdings rechnen die Autoren der Studie mit bedeutsamen Lern- bzw. Skaleneffekten, wenn diese Technologien breite Anwendung finden.

Das bedeutet aber auch: Niemand weiß, welche Technik sich durchsetzt und wie sich die Akzeptanz entwickeln wird. Wird synthetisches Methan in großen Mengen produziert und ins Gasnetz eingespeist? Werden LKW und Containerschiffe künftig mit Wasserstoff oder eher mit Flüssiggas fahren? Werden wir wirklich mehr mit Strom heizen? Die Sektorenkopplung muss also technologieneutral gestaltet werden.

Forderungen nach Emissionshandel für alle Sektoren

Ein weiteres Problem: Der Einsatz von Strom in Power-to-X-Anlagen wird so behandelt wie bei jedem Endverbraucher. Das bedeutet: Die Betreiber müssen alle Steuern, Umlagen und Abgaben auf den Strompreis zahlen – obwohl der Strom zunächst in andere Energieträger umgewandelt und erst später verbraucht wird. Die Gutachter von Frontier Economics schlagen daher vor, Umwandlung und Speicherung von Strom als Teil der Energiewertschöpfungskette zu sehen und von entsprechenden Abgaben, Steuern und Umlagen zu befreien.

„Damit die Sektorkopplung ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen die Märkte für Strom, Wärme und Verkehr gleiche Bedingungen für alle Energieträger bieten“, schreiben die Wissenschaftler der Akademien Leopoldina, Acatech und Akademienunion und schlagen vor, den europäischen Emissionshandel auf alle Sektoren auszuweiten und ihn mit einem Mindestpreis zu versehen. Bisher gilt der nur für Stromerzeugung und Industrie.

Die Monopolkommission der Bundesregierung fordert eine einheitliche Energiesteuer, die sich am CO2-Ausstoß orientiert. „So würde der Einsatz von Strom in den Sektoren Verkehr und Wärmeerzeugung im Vergleich zu den fossilen Energieträgern relativ günstiger“, schreibt sie in ihrem Sondergutachten Energie 2017. „Die Anreize zur Sektorkopplung würden steigen.“

In der Serie „Power-to-X“ stellt der en:former Technologien der Sektorenkopplung vor, mithilfe derer Strom in andere Energieträger umgewandelt wird. In den kommenden Wochen erklärt die Serie Wirkungsweise, Einsatzmöglichkeiten und Marktpotenziale von Power-to-Gas, Power-to-Liquid und Power-to-Heat.

Bildnachweis: Allexxandar, shutterstock.com

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