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Wie die Zementindustrie ihre Emissionen senken will
Der Wirtschaftszweig stößt mehr CO2 aus als die Flugbranche. Dennoch wollen große Player bis 2050 klimaneutral werden

Im württembergischen Heidenheim wollen vier europäische Zementhersteller bis zum Jahr 2023 eine Pilotanlage entwickeln, die Kerosin herstellt. Der dafür benötigte Kohlenstoff soll aus dem dortigen Zementwerk der Firma Schwenk kommen. Ein ähnliches Projekt verfolgt der mexikanische Konzern CEMEX: Mit der Technologie des Schweizer Solarthermie-Unternehmens Synhelion will man in Mexiko ein vollkommen CO2-neutrales Zementwerk mit Sonnenwärme als Energielieferant bauen. Die Forschungsarbeiten dafür seien abgeschlossen, heißt es bei CEMEX. Im kommenden Jahr soll eine Pilotanlage in Betrieb gehen.

Branche bekennt sich zu Pariser Klimazielen

Um zu verstehen, warum ausgerechnet die Zementindustrie auf die Einsparung beziehungsweise die Nutzung von CO2 setzt, hilft es, sich die Emissionen  genauer anzusehen. Denn diese sind beträchtlich: In Deutschland war die Branche im Jahr 2018 für fünf Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, weltweit sogar für acht Prozent. Zum Vergleich: Der Luftverkehr trug im selben Jahr weltweit weniger als drei Prozent zu den Emissionen bei.

Die Zementbranche weist gerne auf den langen Lebenszyklus der Gebäude hin, die mit ihrem Produkt gebaut werden. Aber die meisten Vertreter sind sich auch bewusst, dass sie ihre Emissionen trotzdem senken müssen, wenn sie zu den Pariser Klimazielen beitragen wollen. Und dazu haben sich viele Unternehmen bekannt. Drei der fünf größten der Welt – HeidelbergCement, der Schweizer Konzern LafargeHolcim und CEMEX – haben sich entsprechende Emissionsziele bis zum Jahr 2030 gesetzt. Bis 2050 wollen alle drei CO2-neutral werden.

Tatsächlich haben viele Zementhersteller ihre Emissionen bereits gesenkt. In Deutschland etwa stießen sie 2018 gut 20 Prozent weniger CO2 aus als im Referenzjahr 1990. Das ist eine geringere Reduktion als der deutsche Durchschnitt von 30 Prozent, aber deutlich mehr als in anderen Sektoren erreicht wurde, zum Beispiel beim Verkehr.

Emissionen aufgrund chemischer Reaktion

Das zweite Problem der Branche ist ein Naturgesetz. Die Formel der chemischen Reaktion dazu lautet: CaCO3 à CaO + CO2.  Aus Calciumcarbonat wird Calciumoxid gewonnen, der sogenannte Zementklinker, der den Hauptbestandteil von Zement bildet. Das unvermeidliche Beiprodukt der Reaktion: Kohlendioxid. Bei diesem Prozess entstehen etwa 60 Prozent der heutigen Emissionen. Das Gros des CO2-Ausstoßes lässt sich also nicht einfach vermeiden, indem man die Anlagen mit erneuerbaren Energien betreibt.

Genau damit und durch energieeffizientere Produktionsverfahren hat die Zementindustrie ihre Emissionen nach Angaben des deutschen Branchenverbands „Verein Deutscher Cement-Fabrikanten“ (VDZ) aber bisher reduziert. Weitere Senkungen seien durch solche Maßnahmen allerdings sehr begrenzt. Die angestrebte Emissionsneutralität ist so jedenfalls nicht annähernd zu erreichen. Deshalb hat sich die Branche aufgemacht, weitere Wege zu finden, weniger Treibhausgase zu emittieren.

Eine emissionsärmere Mixtur

Zum Beispiel haben die Hersteller damit begonnen, den Anteil des emissionsintensiven Klinkers im Zement zu reduzieren. Holcim Deutschland etwa bietet einen Zement an, in dem Ölschiefer einen Teil des Klinkers ersetzt. Die spezifischen CO2-Emissionen dieses Zementtyps liegen nach Unternehmensangaben pro Tonne um 150 Kilogramm (kg) unter denen des herkömmlichen Zements. Zum Vergleich: Nach VDZ-Angaben wurden in Deutschland 2018 durchschnittlich etwa 590 kg CO2 pro Tonne Zement ausgestoßen.

Geeignete Klinkersubstitute sind laut VDZ bereits vorkalzinierte Rohstoffe. Flugasche aus Kohlekraftwerken und Schlacke aus der Stahlproduktion, Hüttensand und gebrannter Ton eigneten sich technisch; die Grenzen lägen vor allem in der Verfügbarkeit dieser Stoffe.

Recyclingquote und Effizienz erhöhen

Ein weiterer Ansatz ist, Beton wiederzuverwerten. Mit Frischbeton geschehe dies bereits während der Herstellung, schreibt das InformationsZentrum Beton. Dies führe aber vor allem zu einer Schonung der Rohstoffe. Weiteres Potenzial zur CO2-Einsparung böte dagegen das Recycling von Festbeton aus abgerissenen Bauwerken.

Zerkleinerter Festbeton kann demnach nicht nur den mittlerweile knapp werdenden Bausand ersetzen, er könnte auch die spezifischen Emissionen des Betons senken. Laut HeidelbergCement nimmt Beton mit der Zeit über die sogenannte Rekarbonatisierung durchschnittlich rund 20 Prozent des einst ausgestoßenen Kohlendioxids wieder auf – ganz von alleine. Durch spezielle Recyclingmethoden können man diesen Prozentsatz aber deutlich steigern, heißt es in einer Pressemitteilung von HeidelbergCement: „Dieser Ansatz erscheint derzeit sehr vielversprechend.“

Ansatz: CO2 wiederverwerten und als Rohstoff nutzen

Natürlich gilt auch für Beton und seine Grundzutat Zement, was für alle Ressourcen gilt: Eine effiziente Nutzung ist Trumpf. Das wird allerdings angesichts der weltweit wachsenden Nachfrage begrenzten Einfluss haben. Auf null jedenfalls lassen sich die Emissionen nach derzeitigem Stand wohl nur reduzieren, wenn das entstehende CO2 gespeichert beziehungsweise wiederverwertet wird. Allerdings ist zumindest in Deutschland die CO2-Speicherung umstritten, insbesondere die Lagerung in ehemaligen natürlichen Gaskavernen.

Als sinnvoller und potenziell lukrativer gilt daher die Nutzung des CO2. Schließlich ist das Treibhausgas ein wertvoller Rohstoff für die chemische Industrie etwa zur Herstellung von Kunststoffen oder für die Synthetisierung von chemischen Energieträgern wie Erdgas, Heizöl, Diesel, Benzin oder Kerosin. Letztlich landet das CO2 zwar auch in der Atmosphäre, wenn Fahrzeuge es verbrennen. Immerhin aber wird es dann doppelt genutzt. Und eine Halbierung der Treibhausgasemissionen in den beiden Branchen wäre ein erheblicher Schritt in Richtung Netto-Null.

Bildnachweis: shutterstock.com, Juan Enrique del Barrio

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