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Batterie-Boom: Hier entstehen deutsche „Gigafactories“
Europa baut Produktionskapazitäten für Batteriezellen. Die Bundesrepublik ist vorne mit dabei

Fast 770.000 Elektroautos haben in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 in Europa eine Zulassung bekommen, so das Center Automotive Research (CAR). Das ist eine Rekordwert und erstmals mehr als in China, wo weltweit die meisten E-Fahrzeuge unterwegs sind. Der europäische Markt entwickelt sich rasant. Mit der zunehmenden Elektrifizierung des Verkehrs steigt auch der Bedarf an Batterien. Der Produktionsschwerpunkt liegt aktuell noch in Asien, doch Europa holt auf: In den kommenden Jahren sollen zahlreiche neue Fabriken entstehen, unter anderem in Deutschland, Frankreich, Schweden und auch in Osteuropa. Der en:former stellt eine Auswahl der Projekte in einer zweiteiligen Serie vor.

Bis 2029 könnte sich die Kapazität der Batteriezellproduktion in Europa laut Angaben des Marktforschungsunternehmens Benchmark Mineral Intelligence (BMI)  von derzeit 30 Gigawattstunden (GWh) auf 300 verzehnfachen. Eine Aufholjagd um die weltweite Marktführerschaft, die auch von der Politik unterstützt wird: Die EU will hunderte Millionen Euro in die Forschung investieren und stellt Finanzierungshilfen für den Aufbau von Produktionsstätten in Aussicht.

Im Jahr 2017 rief der Vizepräsident der EU-Kommission Maros Šefčovič die European Battery Alliance (EBA) ins Leben. Unter ihrem Dach bündeln Staaten, Organisationen und die Industrie ihre Kräfte, um die Batteriehrstellung in der Europäischen Union zu stärken. Inzwischen zählt die Allianz über 440 Mitglieder. Ihr ehrgeiziges Ziel: Bis 2025 sollen Werke in Europa den Bedarf vor Ort decken und Importe aus Asien und den USA überflüssig machen. Dazu müssten zehn bis 20 Werke mit ähnlichen Ausmaßen wie das Tesla-Werk in Nevada, USA, entstehen. Die Produktionsstätte, die Tesla selbst „Gigafactory“ taufte, hat eine Kapazität von 20 GWh und soll weiterwachsen.

Die CO2-Bilanz von E-Autos hängt vom Produktionsort der Batterie ab

Mit einem starken eigenen Batteriesektor würde Europa nicht nur unabhängiger von ausländischen Anbietern. Auch die Umweltbilanz von E-Autos soll sich so verbessern. Da für die Batterieproduktion unter anderem große Mengen Strom benötigt werden, ist der Strommix entscheidend: Ist er, wie zum Beispiel in China, stark von fossilen Energieträgern dominiert, ist der CO2-Fußabdruck der Batterie vergleichsweise groß – und damit auch der der Fahrzeugherstellung. Nur beim Abbau der Rohstoffe für die Zellen fallen noch mehr Treibhausgasemissionen an. In Deutschland, wo Erneuerbare eine immer größere Rolle spielen, wurden zuletzt pro produzierter Kilowattstunde (kWh) rund 400 Gramm CO2 ausgestoßen, in Europa 520. In vom Kohlestrom dominierten China waren es mehr als 800 Gramm.

Nicht zuletzt, weil der US-Autobauer Tesla seine nächste „Gigafactory“ in Grünheide in der Nähe Berlins bauen will, ist Deutschland in den Fokus des europäischen Batterie-Booms gerückt. Auch andere Großprojekte sind in der Bundesrepublik geplant. Unter anderem die Automobilkonzerne VW und Opel wollen die Akkus für ihre Elektrofahrzeuge künftig im Inland fertigen lassen. Außerdem sehen einige asiatische Hersteller auf dem deutschen Markt beste Bedingungen für die Zukunft, darunter CATL, Farasis und SVOLT. Sie alle möchten nach Deutschland expandieren.  Mehr als die Hälfe der europaweiten Produktionskapazität soll laut BMI dort entstehen.

Im ersten Teil unserer Übersicht werfen wir deshalb einen Blick auf einige der „Gigafactories“, die in den kommenden Jahren in Deutschland gebaut werden sollen.

1. Tesla / Grünheide

Im brandenburgischen Grünheide laufen die Bauarbeiten für die Tesla Produktionsstätte für E-Autos auf Hochtouren. Direkt daneben soll die laut Tesla-Chef Elon Musk größte Batteriefabrik der Welt entstehen. Plänen des US-Autobauers zufolge könnte diese eine Kapazität von 100, später sogar 250 GWh haben.

2. Microvast / Ludwigsfelde

In direkter Nachbarschaft zu Tesla ist der Bau einer weiteren Batteriefabrik schon weit fortgeschritten. Microvast hat in Ludwigsfelde unweit von Berlin seine Europazentrale eingerichtet. Das 2006 in Texas gegründete Unternehmen will dort ab dem ersten Quartal 2021 Batteriemodule für den europäischen Markt zusammensetzen. Die Zellen dafür stammen aus der chinesischen Schwestergesellschaft Microvast Power Systems Co. Ltd. und eignen sich unter anderem für E-Autos, und -Busse. In den kommenden Jahren will die Firma eine Produktionskapazität von sechs GWh erreichen. Anders als die anderen Hersteller in dieser Übersicht will Microvast in Deutschland auch in Zukunft keine Zellen herstellen, sondern lediglich Module bauen.

3. Farasis / Bitterfeld

Der chinesische Batteriehersteller Farasis hat sich für den Start auf dem deutschen Markt einen starken Partner gesucht: Keine geringere als die Mercedes Benz AG unter dem Dach von Daimler hat sich eine Beteiligung von drei Prozent an dem Entwickler und Anbieter von Lithium-Ionen-Akkus gesichert. Damit will der Automobilkonzern seine Aktivitäten im E-Mobilitäts-Sektor stärken. Farasis baut dafür eine Fabrik in Sachsen-Anhalt auf. Das Besondere: Diese ist von vornherein komplett CO2-neutral konzipiert.

Das Unternehmen hat bereits Forschungszentren in den USA und Deutschland, die Produktion war jedoch bisher auf zwei Werke in China beschränkt. Ab 2022 sollen die ersten Batterien in Bitterfeld-Wolfen gefertigt werden. Zunächst in einer Größenordnung von acht bis zehn GWh, später sollen es Farasis zufolge bis zu 16 GWh werden. In Ostdeutschland sollen aber nicht nur Akkus für E-Autos gefertigt werden. Perspektivisch soll der Standort zum Kompetenzzentrum werden, bei dem von der Entwicklung bis zum Recycling alles unter einem Dach zu finden ist. Dann könnten dort bis zu 2000 Arbeitsplätze entstehen.

4. VW & Northvolt / Salzgitter

Zusammen mit dem schwedischen Batteriehersteller Northvolt AB will Volkswagen am Standort Salzgitter bis 2024 eine Fabrik zur Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen aufbauen. Der Konzern plant Investitionen in Höhe von 450 Millionen Euro in die Produktionsstätte „Northvolt 2“. Die Fertigungskapazität soll laut dem Autobauer zu Beginn bei 16 GWh liegen.

„Neben einer Absicherung durch externe Lieferanten bauen wir weitere Kapazitäten auf“, sagt Dr. Stefan Sommer, VW-Vorstand für Komponente und Beschaffung und Mitglied im Aufsichtsrat der Northvolt AB. Dazu gründeten Volkswagen und Northvolt bereits im September 2019 ein Gemeinschaftsunternehmen, um die Serienfertigung von Lithium-Ionen-Batterien in Deutschland vorzubereiten. Die Errichtung der Gebäude und der Infrastruktur ist nun der nächste Schritt auf dem Weg in eine von Elektromobilität dominierte Zukunft.

5. CATL / Erfurt

Der chinesische Batterieproduzent und weltweit größte Hersteller von Batteriezellen Contemporary Amperex Technology (CATL) baut im thüringischen Erfurt seine erste Fabrik abseits des Heimatmarktes auf. Ab 2022 sollen auf dem 23 Hektar großen Gelände des insolventen Photovoltaik-Herstellers Solarworld Lithium-Ionen-Batterien für den europäischen Markt gefertigt werden. Zunächst mit einer Kapazität von 14 GWh, später sollen es bis zu 24 GWh werden. Bis 2024 werden rund 2000 Jobs dort entstehen.

„Deutschland ist die Heimat einer starken Automobilindustrie und mehrerer wichtiger Kunden von CATL“, sagt Matthias Zentgraf, Co-Präsident Europa von CATL. Einige bekannte Abnehmer für die Energiespeicher hat das Unternehmen bereits genannt: BMW, Volkswagen, Daimler, Bosch und Volvo haben Interesse an den Batterien aus der chinesisch-deutschen Kooperation bekundet.

6. SVOLT / Überherrn

Mit SVOLT Energy Technology expandiert ein weiterer chinesischer Batterieproduzent nach Europa. Genauer gesagt ins saarländische Überherrn. Das Unternehmen hat sich vom chinesischen Automobilkonzern Great Wall abgespalten und kooperiert nun unter anderem mit BMW. Durch den Bau einer Fabrik auf dem „Linslerfeld“ nahe der französischen Grenze soll sich der Absatzmarkt um weitere Fahrzeughersteller, vor allem deutsche und französische, erweitern. Bis 2023 plant SVOLT den ersten Bauabschnitt mit einer Kapazität von sechs GWh fertigzustellen. Je nachdem, wie sich die Nachfrage dann entwickelt, sollen weitere folgen. Bis zu 24 GWh könnten in der finalen Ausbaustufe erreicht werden.

7. PSA Groupe / Kaiserslautern & Douvrin (FR)

Mit Opel will ein weiterer Automobilhersteller seine E-Autobatterien in Deutschland herstellen. Dazu soll in Kaiserslautern eine der größten Gigafactories des Landes entstehen. Zusammen mit der Opel-Mutter PSA und der Batteriefirma Saft, einer Tochter von Total, hat der deutsche Konzern ein Joint Venture gegründet, um die Aktivitäten zur Batterieherstellung in Europa zu bündeln. Zusätzlich zu der Fabrik in Rheinland-Pfalz ist eine weitere im nordfranzösischen Douvrin geplant. Ab 2023 sollen in beiden schrittweise je drei Blöcke mit acht GWh in Betrieb gehen. Die Gesamtkapazität summiert sich damit auf 48 GWh. Genug, um 500.000 Opel Corsa-e mit Akkus auszustatten.

Im zweiten Teil unserer Serie geht es um spannende Projekte in anderen europäischen Ländern.

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