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Doppelte Nutzung, doppelte Herausforderung
Landwirtschaft und Stromerzeugung: Fraunhofer-Leitfaden gibt Tipps für Betreiber von Agri-PV-Anlagen

Große Photovoltaik-Freiflächenanlagen benötigen bekanntermaßen viel Platz. Laut einer aktuellen Analyse des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) rund 1,4 Hektar pro Megawatt (MW). Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Solarenergie jedoch in erheblichem Maße ausgebaut werden. Dazu werden künftig große Flächen benötigt. Eine Lösung für dieses Dilemma: Flächen dank innovativer, integrierter Systeme doppelt zu nutzen. So können Solarmodule etwa auf Dächern, an Lärmschutzwänden oder auf beziehungsweise über Äckern installiert werden.

Vor allem letzteres verspricht ein großes Potenzial: 16,7 Prozent der Gesamtfläche werden in Deutschland landwirtschaftlich genutzt. Rein rechnerisch würde es ausreichen, nur rund vier Prozent davon zur Stromerzeugung zu nutzen, um den bundesweiten Bedarf zu decken. Bereits heute gibt es verschiedene Technologien, die Agri-Photovoltaik, also Landwirtschaft und Stromproduktion aus Sonnenenergie auf demselben Feld, ermöglichen. In unserer Solarserie haben wir bereits bifaziale Module mit PV-Zellen auf der Vorder- und Rückseite und die Glasröhren von TubeSolar vorgestellt. Von technischer Seite aus steht einer Doppelnutzung also nichts mehr im Wege. In der Umsetzung stoßen Entwickler und Betreiber aber mitunter noch auf Hürden. Das Fraunhofer ISE hat deshalb kürzlich einen Leitfaden veröffentlicht, der praktische Lösungsansätze liefert.

„Als wir vor einigen Jahren mit unserer Forschung begonnen haben, ging es vor allem um die Frage der Machbarkeit. Inzwischen sind wir darüber längst hinaus. In Pilotprojekten konnten wir zeigen, dass Agri-PV-Anlagen positive Effekte auf die Erträge haben können. Nun geht es darum, die Akzeptanz für die Technologie zu erhalten und auf politischer Seite die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Projekte unkompliziert umgesetzt werden können“, erläutert Max Trommsdorff, Gruppenleiter Agri-Photovoltaik beim Fraunhofer ISE und Autor des Leitfadens „Agri-Photovoltaik: Chance für Landwirtschaft und Energiewende“.

Höhere Erträge, aber auch viele Nachteile

Damit Landwirtschaftsbetriebe die Felder unter Solaranlagen optimal bewirtschaften können, müssen die Solarmodule so hoch über dem Boden installiert werden, dass Landmaschinen problemlos darunter hindurchfahren können. Außerdem lassen sich die Anlagen an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzpflanzen anpassen. So sind etwa die Ausrichtung der Module und der Abstand dazwischen für Verschattung und Bewässerung entscheidend.

„Neben technischen Faktoren wirken sich auch Wetterschwankungen auf die Systeme aus. Im Hitzesommer 2018 konnten wir zum Beispiel in einem Pilotprojekt in Baden-Württemberg den Ertrag einer Kartoffelkultur unter einer PV-Anlage um elf Prozent steigern. Durch die Doppelnutzung stieg die Flächennutzungseffizienz sogar auf 186 Prozent. So können wir die Solarenergie sehr platzsparend ausbauen. Das hilft auch, die Klimaziele zu erreichen“, sagt Trommsdorff.

Trotz dieser Vorteile lohnt sich der Einsatz von Agri-Photovoltaik für die Betreiber – meist Landwirte – aktuell kaum: Für Äcker mit PV-Anlagen erhalten sie in der Regel keine EU-Agrarsubventionen – dazu müssten die Flächen ausschließlich zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden. Und für den Solarstrom besteht in den meisten Fällen keine Aussicht auf eine Einspeisevergütung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu. Diese doppelte Benachteiligung bremst den kommerziellen Durchbruch der Technik in Deutschland derzeit noch aus.

Hohe Hürden für EEG-Förderung

Mit der Ende 2020 verabschiedeten Reform des EEG soll sich das ändern: Erstmals ist Agri-PV im Gesetz berücksichtigt. Es sieht Förderung ab 2022 vor, auch wenn diese an Bedingungen geknüpft ist. So ist der Eigenverbrauch des erzeugten Stroms ausgeschlossen und die Projekte müssen an einer Ausschreibung gemeinsam mit schwimmenden PV-Systemen und PV-Parkplatzüberdachungen teilnehmen. Welche der drei Anlagentypen sich dabei durchsetzen kann, ist offen. Und auch die erforderliche Baugenehmigung ist nicht immer leicht zu bekommen. Landwirte müssen mitunter nachweisen, dass sie einen Großteil der Energie selbst nutzen – doch gerade größere Anlagen produzieren schnell ein Vielfaches des durchschnittlichen Bedarfs eines Betriebes.

Forscher empfehlen: Rechtliche Rahmenbedingungen verbessern

Weil die Thematik so facettenreich ist, verfolgen die Fraunhofer-Forscher um Max Trommsdorff bei ihrer Arbeit einen ganzheitlichen Ansatz. Das spiegelt sich auch in dem Leitfaden wider: Er enthält neben Best-Practice-Beispielen, Hintergrundinformationen für Betreiber zu technischen und rechtlichen Fragen sowie Lösungsansätze für politische Entscheider. Dazu formulieren die Autoren konkrete Handlungsempfehlungen.

Sie schlagen unter anderem vor, ein „Sondergebiet Agri-Photovoltaik“ in die Baunutzungsverordnung aufzunehmen, um bauplanerische Unsicherheiten aus der Welt zu schaffen. Mit Blick auf die mangelnde Förderung raten sie Bund, Ländern und Kommunen zu einem „100-Äcker-Programm“. Analog zum „1000-Dächer-Programm“, das in den 1990er-Jahren die Entwicklung von Dach-PV-Anlagen vorantrieb, könnte es der Agri-PV einen kräftigen Anschub geben.

„Eine weitere wichtige Aufgabe von uns ist der Dialog. Wir möchten die Landwirte miteinbeziehen und für doppelte Flächennutzung werben. Dazu stehen wir im engen Austausch zum Beispiel mit dem Deutschen Bauernverband“, sagt der Gruppenleiter. Die Wissenschaftler wollen in der Kommunikation die Vorteile der Technologie und ihre Bedeutung für die Energiewende aufzeigen und so das Interesse daran wecken. Außerdem sehen sie sich als Ansprechpartner für Landwirtschaftsbetriebe, die auf ihren Feldern Solaranlagen bauen möchten. „Wir stehen noch ganz am Anfang, aber die Entwicklung ist vielversprechend. Wenn die Energiewende gelingen soll, müssen wir alle verfügbaren Mittel nutzen. Wegen des enormen Flächenpotenzials setzen wir große Hoffnungen in die Agri-PV“, so Trommsdorff.

Bildnachweis: © Fraunhofer ISE

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