Neue Technologien und Innovationen sind der Schlüssel für die Energiewende. Nur mit innovativen Ideen kann der Ausbau der Erneuerbaren in der Stromversorgung beschleunigt werden und die Dekarbonisierung anderer Sektoren gelingen. Um das im Pariser Abkommen festgelegte Klimaziel zu erreichen, müssen nach neuen Erkenntnissen die weltweiten Emissionen in den kommenden Jahren jährlich um acht Prozent verringert werden. Das geht nur mit effizienten und nachhaltigen Technologien.
Das Beratungsunternehmen DNV hat nun zehn Schlüsseltechnologien identifiziert, die die Energiewende in den nächsten Jahren nachhaltig prägen werden, und in einem Bericht vorgestellt. Die Analysten haben sich dazu die mögliche Kostenentwicklung sowie die Herausforderungen bei der Installation angeschaut. Dabei haben sie auch untersucht, wie die Technologien miteinander vernetzt sind und interagieren – zum Beispiel ob sie auch in anderen Bereichen eingesetzt werden können oder die Implementierung anderer Technologien unterstützen. Denn, so die DNV, keine Technologie werde alleine die Energiewende voranbringen und die Klimaprobleme lösen. Zusammenarbeit und Vernetzung sei der Schlüssel.
Der en:former stellt die unterschiedlichen Technologien vor und gibt einen Ausblick über die Entwicklungen des Energiesektors in den kommenden Jahren.
Schwimmende Windräder sind eine der spannendsten Innovationen der Windbranche und eröffnen der Windkraft auf See ganz neue Möglichkeiten. Denn Turbinen mit festen Fundamenten können im Meer nur in Tiefen bis zu 60 Metern betrieben werden. Das grenzt die geeigneten Standorte ein, weil in vielen Küstengebieten die Wassertiefe rapide zunimmt und schnell einige hundert Meter Tiefe erreicht.
Mit der sogenannten Floating Technologie können Windturbinen auf schwimmenden Fundamenten installiert und damit auch in tieferen Wasserregionen betrieben werden. Die Türme und Rotoren, die häufig hunderte von Tonnen schwer sind, werden dabei mit Schwimmkörpern aus Stahl und Beton über Wasser gehalten. Diese können bis zu 80 Meter in die Tiefe ragen und sind mit Seilen am Meeresboden befestigt.
In Europa sind bereits zwei schwimmende Windparks am Netz: Der Hywind Scotland-Windpark an der Küste Schottlands mit bisher fünf schwimmenden Turbinen und einer Gesamtleistung von 30 Megawatt (MW) sowie der Windfloat Atlantic in Portugal mit drei Turbinen und einer Leistung von 25 MW. Viele weitere Projekte – auch mit Beteiligung von RWE – sind in Vorbereitung.
Photovoltaik gehört zu den kostengünstigsten Technologien im Bereich Erneuerbare Energien. Dabei wandeln Solarzellen Sonnenenergie direkt in elektrische Energie um. Dazu setzt das Sonnenlicht Elektronen in den Zellen in Bewegung. Es entsteht Strom. In den vergangenen Jahren lag der Fokus der Entwickler insbesondere in der Implementierung von bifazialen Modulen, die auf der Vorder- und Rückseite Solarzellen haben sowie neuen Zelltechnologien, die eine höhere Leistung und Zuverlässigkeit mit sich bringen, und der Erschließung neuer Bereiche zur Installation von Solarmodulen, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft. All diese Ansätze ermöglichen eine besonders effiziente Nutzung von Flächen.
Selbst in unserem häuslichen Müll steckt noch eine Menge Energiepotential: Aus kommunalen Abfällen lassen sich sowohl Strom und Wärme als auch Brennstoffe, wie Methan oder Biodiesel gewinnen. Die Verfahren bezeichnet man als waste-to-energy (Energie aus Abfall) oder waste-to-fuel (Kraftstoff aus Abfall).
Ein Großteil des weltweiten Siedlungsabfalls lagert auf Deponien. Dort zersetzt er sich langsam. Ein Prozess, bei dem Deponiegase entstehen, die sich hauptsächlich aus Methan und Kohlenstoffdioxid zusammensetzen. Fängt man diese Gase ein und befreit sie vom CO2, können sie als Komponenten für die Produktion von Biogasen wie Biomethan genutzt werden. Biomethan kann dann wiederum für die Produktion von Wärme in Heizkraftwerken oder als Treibstoff für Fahrzeuge eingesetzt werden.
Eine andere Art der Entsorgung ist die Müllverbrennung. Auch dabei entsteht Energie, und zwar in Form von Wärme. Diese kann für die Fernwärmeversorgung oder Stromproduktion genutzt werden und gilt, je nach Zusammensetzung des Abfalls, als emissionsarm oder sogar emissionsfrei. Das liegt daran, dass die biogenen Bestandteile des Abfalls bereits CO2 aufgenommen haben und bei der Verbrennung nur dieselbe Menge wieder ausgestoßen wird.
Transportleitungen spielen auch in der Energiewende eine zentrale Rolle. Denn zum Beispiel grüner Wasserstoff muss nach der Produktion an die Endverbraucher weiterverteilt werden. Ebenso muss Kohlenstoff, der in Industrieprozessen eingefangen wurde und gespeichert oder weiterverwendet werden soll, zum Speicher- oder Nutzungsort transportiert werden. Um diese Gase sicher zu transportieren, braucht es ein gut ausgebautes Pipeline-Netzwerk. Eine Infrastruktur, die nicht komplett neu geschaffen werden muss: Auch existierende Pipelines sollen dafür umfunktioniert werden.
Doch die Gase bringen neue Herausforderungen für den Transport mit sich: Wasserstoffatome sind zum Beispiel sehr klein und können schnell aus Leitungen austreten. Eine mögliche Lösung ist, Wasserstoffleitungen durch Schweißnähte zu verbinden und abzudichten. Mit solchen Anpassungen ließe sich bestehende Infrastruktur nutzen, anstatt ein komplett neues Netz zu bauen.
Nachhaltiger Strom wird häufig in eher abgelegenen Regionen produziert – zum Beispiel in Offshore-Windparks viele Kilometer vor der Küste. Um die Energie in die Stromnetze integrieren zu können, ist ein eng vernetztes Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Netz notwendig. Denn die Übertragung großer Mengen Energie über weite Entfernungen erfordert hohe elektrische Spannungen. Dafür wird Hochspannung zur Übertragung durch Leistungstransformatoren erzeugt und über Kabel übertragen. An der Endstelle, z.B. an der Küste, wird die Energie in Umspannwerken wieder in niedrigere Spannungen zurücktransformiert und kann dann in das Stromnetz eingespeist werden.
Lithium-Ionen-Batterien sind ein Grundpfeiler der heutigen elektronischen Gesellschaft und werden wohl auch in Zukunft als Batteriespeichermethode dominieren. Die Technologie ist gerade für den Bau von Elektroautos zentral. Wissenschaftler forschen aber auch an alternativen Speichermethoden: Ein besonders vielversprechender Ansatz sind sogenannte Flow-Batterien, auch Flussbatterien genannt, bei denen elektrische Energie in chemischen Verbindungen gespeichert wird. In zwei miteinander verbundenen Behältern befinden sich unterschiedliche Elektrolyte. Durch den Austausch von Ionen zwischen beiden Behältern wandelt sich elektrische Energie in chemische Energie um und die Batterie lädt sich auf. Entlädt sich die Batterie kehrt sich der Prozess um und erzeugt wieder elektrischen Strom.
Innovationen wie der Einsatz von Brennstoffzellen könnten die hohen Emissionen in der Schifffahrt reduzieren. Sie werden mit alternativen Brennstoffen wie Wasserstoff angetrieben. Durch die chemische Reaktion von Sauerstoff mit einem kontinuierlich zugeführten Brennstoff entsteht in den Brennstoffzellen elektrische Energie. Wird Wasserstoff als Brennstoff genommen, entstehen durch die Reaktion mit Sauerstoff keine zusätzlichen CO2-Emissionen. Bei grünem Wasserstoff ist der Antrieb sogar komplett emissionsfrei. Aufgrund ihrer noch hohen Kosten und wegen Nachteilen in Bezug auf die Haltbarkeit ist diese Technologie momentan besonders für Kurzstreckenschiffe wie Fähren oder Kurzstreckentransporter geeignet. Wie sie auch auf längeren Fahrten eingesetzt werden kann, wird aber parallel erforscht.
Der Verkehrssektor ist für circa 30 Prozent der CO2-Emissionen der EU verantwortlich. Davon gehen 72 Prozent auf den Straßenverkehr zurück. Elektroautos sollen das ändern. Denn durch sie wird – inklusive ihrer Herstellung – auf ihre Gesamtlaufzeit gerechnet nur halb so viel CO2 ausgestoßen wie bei einem normalen Auto. Auch wenn weltweit bereits über 12 Millionen E-Autos für Privatpersonen auf den Straßen unterwegs sind, gilt es noch einige Hürden zu überwinden: Vor allem eine kostengünstigere Produktion und eine verbesserte Infrastruktur mit Angeboten zum Aufladen der Fahrzeuge sind für den breiteren Einsatz notwendig.
Mit Elektroautos könnten zukünftig aber nicht nur CO2-Emissionen vermieden werden. Durch sogenannte vehicle-to-grid-Systeme (V2G-Systeme) könnten sie auch das Stromnetz in Spitzenlastzeiten unterstützen. Den Großteil ihrer Gesamtnutzungszeit werden Autos nicht bewegt und können deshalb effektiv als Speicher genutzt werden. Bei diesem Konzept sollen Nutzer in Zeiten einer Stromüberproduktion ihre E-Fahrzeuge aufladen. Diese können dann als Zwischenspeicher fungieren, sodass in Zeiten einer hohen Nachfrage durch das V2G System Strom ins Netz zurückfließen kann.
Grüner Wasserstoff ist einer der größten Hoffnungsträger der Energiewende. Gerade im Industriesektor soll er fossile Brennstoffe ersetzen und damit erheblich zur Emissionsreduzierung in Bereichen beitragen, in denen eine direkte Dekarbonisierung schwierig ist. Eine nachhaltige Wasserstoffproduktion ist durch Elektrolyseprozesse möglich. Bei diesem Verfahren wird Wasser mithilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgesplittet. Stammt der Strom aus Erneuerbaren Energien, ist die Produktion emissionsfrei und der Brennstoff gilt als „grün“.
Zusätzlich ermöglicht die Erzeugung von Wasserstoff, Erneuerbare Energien über lange Zeit in großen Mengen zu speichern und über weite Strecken zu transportieren. Besonders effizient ist die Wasserstoffproduktion also direkt dort, wo Erneuerbare produziert werden – beispielsweise am RWE Kraftwerkstandort in Eemshaven. Dort liefert ein direkt angrenzender Onshore-Windpark den nachhaltigen Strom für die Elektrolyse. Aber auch an vielen anderen Standorten weltweit sollen in Zukunft Wasserstoffzentren entstehen.
Das Einfangen von Kohlenstoffdioxid – entweder direkt bei der Abgabe in Industrieanlagen oder die Entnahme aus der Atmosphäre – wird von Experten als zentral für das Erreichen der Klimaziele bis 2050 angesehen. Gerade in Industriesektoren, in denen es für die nahe Zukunft noch keine emissionsreduzierten Alternativen geben wird, sollen entsprechende Technologien zum Einsatz kommen.
Kohlenstoff kann am besten durch chemische oder physikalische Lösungsmittel in einem Adsorptions-Desorptions-Kreislauf eingefangen und gefiltert werden. Dabei werden die Moleküle des Gases an einer festen Oberfläche angelagert. Daraufhin müssen sie entweder weiterverwendet werden, zum Beispiel für synthetische Kraftstoffe oder chemische Produkte, oder permanent gespeichert werden. Hierfür sind nicht nur große Speicherkapazitäten notwendig, sondern es muss auch eine weitreichende Infrastruktur für den Transport zu den Speicheranlagen geschaffen werden – entweder durch Pipelines oder Schifftransport.