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Strombedarf in Europa wird bis 2035 bis zu 50 Prozent steigen
E-Mobilität, H2 und grüne Wärme erfordern mehr regenerativ erzeugten Strom

Die Stromerzeugung in der EU war im Jahr 2020 mit 2.771 Terawattstunde (TWh) erheblich niedriger als im Jahr 2011 und nur geringfügig höher als im Jahr 2001, obwohl sich die Größe der EU-Wirtschaft gemessen am BIP (Link in Englisch) in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt hat.

Das vergangene Jahrzehnt war dabei von einigen Krisen geprägt. Beginnend mit den Nachwirkungen der Finanzkrise 2008/09, die 2014/15 in europäischen Schuldenkrisen mündete und schließlich mit der Covid-19-Pandemie abschloss, hat Europa ein Jahrzehnt niedrigen Wirtschaftswachstums hinter sich. Dadurch sank die Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 (das allerdings stark von der wirtschaftlichen Auswirkung der Covid-19-Pandemie geprägt war) im Vergleich zu 2011.

2010er Jahre: schwaches Wirtschaftswachstum, sinkende Stromnachfrage

Auch wenn andere Faktoren, wie die Steigerung der Energieeffizienz und technologische Innovationen, eine wichtige Rolle gespielt haben, war das schwache Wirtschaftswachstum der Hauptgrund dafür, dass die Stromnachfrage im vergangenen Jahrzehnt zurückgegangen ist.

Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine steht Europa vor einer weiteren Krise, die es in eine Rezession zu stürzen droht. Die europäischen Verbraucher sehen sich infolgedessen mit hohen Energiepreisen und einer steigenden Inflation für Waren des täglichen Bedarfs konfrontiert. Sollte sich dies auf das Wirtschaftswachstum auswirken, dürfte die Stromnachfrage zum vierten Mal in Folge in weniger als 15 Jahren einbrechen.

Tendenz der EU-Stromerzeugung anhand ausgewählter Staaten

in Terawattstunden, Quelle: BP Review of World Energy, 2021

Für CO2-neutral Energieverbrauch braucht es viel grünen Strom

Trotz des Gegenwinds, der Europa entgegenschlägt, treibt die Region die Energiewende voran. Dabei wird vor allem auf erneuerbare Energien gesetzt, um Strom zu erzeugen, der im eigenen Land produziert wird, kostengünstig und sauber ist.

Weil sich der Energieverbrauch von importierten fossilen Brennstoffen auf heimische Energie verlagert, wird die Stromnachfrage nach einer Periode relativer Stagnation in Zukunft wahrscheinlich wieder zunehmen. Dies wiederum wird wesentlich höhere Investitionen in die saubere Stromerzeugung und die Netzinfrastruktur erfordern.

Denn die Transformationen, die erforderlich sind, um bis 2050 einen CO2-neutralen Energieverbrauch zu erreichen, ist enorm. Im Jahr 2020 bezog die EU etwas mehr als 70 Prozent ihrer Primärenergie aus fossilen Brennstoffen, was zu großen Importabhängigkeiten (Link in Englisch) führte. Wenn auch nur ein Teil fossiler Energieträger durch Strom ersetzt wird, dürfte die Stromnachfrage steigen, während die Energieversorgung insgesamt sicherer wird.

Die Technologien lassen den Strombedarf steigen

Elektrofahrzeuge (EVs): Trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen und höherer Effizienzanforderungen wächst der Anteil der Elektrofahrzeug-Verkäufe am Gesamtabsatz weiter (Link in Englisch). So wurden im Jahr 2021 in Europa 2.272.666 neue Elektroautos zugelassen, ein Anstieg von 66 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der durchschnittliche Marktanteil von Plug-in-Elektroautos im Jahr 2021 erreichte 19 Prozent. In der EU wurden im vergangenen Jahr zusätzlich mehr als 3.000 neue Elektrobusse zugelassen, was eine Steigerung um 79 Prozent bedeutet.

Die Unternehmensberatung Timera Energy (Link in Englisch) hat den britischen Markt untersucht und schätzt, dass ein E-Auto-Anteil von 26 Prozent bis 2030 einen zusätzlichen Strombedarf von 27 TWh und einer von 90 Prozent bis 2040 einen von 96 TWh erfordert. Zum Vergleich: Rund 330 TWh betrug die Stromerzeugung in Großbritannien im Jahr 2020.

In einem anderen Bericht der Unternehmensberatung McKinsey (Link in Englisch) wird geschätzt, dass ein E-Fahrzeug-Anteil von 9 Prozent am Pkw-Markt in Deutschland die Stromnachfrage um 9 TWh und ein Anteil von 40 Prozent um 40 TWh erhöhen würde. Die gesamte Stromerzeugung in Deutschland betrug im Jahr 2020 572 TWh.

Elektrolyseure: Die Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse ist eine weitere wichtige Quelle für ein potenzielles Wachstum der Stromnachfrage. In ganz Europa werden neue Elektrolyseure geplant. Aus erneuerbarem Strom soll dort grüner Wasserstoff für den Einsatz im Verkehr und in der Industrie erzeugt werden. Grüner Wasserstoff spielt eine Schlüsselrolle in der Dekarbonisierung der Industrie, da er CO2-frei aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine Elektrolyseur-Kapazität von 40 Gigawatt (GW) aufzubauen, um 10 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr zu produzieren.  Großbritannien will im gleichen Zeitraum eine Produktionskapazität von 10 GW erreichen, wovon 5 GW auf Elektrolyseure entfallen sollen. Timera schätzt, dass 5 GW-Elektrolyseure einen zusätzlichen Strombedarf von 14 TWh bedeuten würden. Das 40-GW-Ziel der EU bedeutet einen Anstieg von 112 TWh.

Wärmeversorgung: Wärme ist ein anderer entscheidender Bereich, in dem die Elektrifizierung zur Dekarbonisierung beitragen kann. Im Dezember entschied Deutschland, dass neue Heizsysteme, die nach dem 1. Januar 2025 installiert werden, mit erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. Außerdem hat Frankreich Subventionen eingeführt, um die Einführung von Wärmepumpen zu fördern. Das REPowerEU-Programm der EU sieht bis zum Jahr 2030 rund 30 Millionen neuer Wärmepumpen vor.

Nach Schätzungen von Timera würde die Installation von 3 Millionen Wärmepumpen in Großbritannien, die Gasheizkessel ersetzen, zu einem zusätzlichen Strombedarf von 33 TWh führen. Dies bedeutet, dass das EU-Ziel einen zusätzlichen Strombedarf von 330 TWh bis 2030 erfordern würde.

Prognosen: Deutlicher höherer Bedarf in Großbritannien und der EU

In deutlichem Gegensatz zum Zeitraum 2001-2020 prognostiziert Timera, dass die europäische Stromnachfrage bis 2035 gegenüber dem heutigen Stand um 25 bis 50 Prozent steigen und sich bis 2050 sogar verdoppeln wird, um die Netto-Null-Emissionsziele (Link in Englisch) zu erreichen.

Die Bandbreite des prognostizierten Wachstums ist beträchtlich, hängt sie doch von der Geschwindigkeit und dem Ausmaß der Energiewende (zum Beispiel Einführung der genannten Technologien) sowie der Verbesserung der Energieeffizienz ab. Es steht jedoch außer Frage, dass die Tendenz nach oben weist.

Das zeigen auch andere Berechnungen. Laut verschiedener Szenarien des britischen Netzbetreibers National Grid ESO und des Climate Change Committees könnte die Stromnachfrage im Vereinigten Königreich bis 2035 um 19 bis 61 Prozent und bis 2050 (Link in Englisch) um 52 bis 144 Prozent über dem heutigen Niveau liegen.

Mit ähnlichen Zielen und denselben Technologien wird sich die EU wahrscheinlich in eine ähnliche Richtung bewegen.

Primärenergiebedarf der EU 2020

in Prozent, Quelle: BP Review of World Energy, 2021

Durch neue Technologien wird sich die Spitzenlast verändern

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Grundlast- und Spitzenlastnachfrage. Die Stromnachfrage ist nicht konstant, sondern schwankt im Laufe des Tages und der Nacht.

Die steigende Nachfrage durch Elektrofahrzeuge, Wasserstoffproduktion und Wärmeerzeugung wird wahrscheinlich die Spitzenlastnachfrage erhöhen oder die Zeiten verändern, in denen die Spitzen normalerweise auftreten. Diesem Umstand muss durch intelligentes Energiemanagement und Technologien sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite des Strommarktes Rechnung getragen werden.

Lösung: Mehr Erzeugungskapazität, bessere Netze und smartes Management

Es besteht sogar die Möglichkeit, dass neue Nachfragequellen, z. B. Batterien für Elektrofahrzeuge und Wasserstoff, genutzt werden können, um den Anstieg der Spitzennachfrage und die Veränderungen der Nachfragekurve abzumildern.

Klar ist jedoch, dass die Elektrifizierung nicht nur für die Dekarbonisierung des Energiesektors, sondern für die gesamte europäische Wirtschaft von zentraler Bedeutung ist, um bis 2050 ein kohlenstofffreies Europa zu erreichen. Das bedeutet mehr Stromerzeugungskapazität, verbesserte Netze und ein immer intelligenteres Versorgungsmanagement (Link in Englisch).

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